Seelsorge an Familien von Angehörigen mit Behinderungen ist in der Gebietskirche Nordrhein-Westfalen ein Thema mit großer Bedeutung. Inzwischen bietet die Neuapostolische Kirche ein breites Spektrum an, beginnend bei der Seelsorge bis hin zu Freizeitveranstaltungen und regelmäßigem Erfahrungsaustausch.
Meike ten Bosch und Gaby Kramer sind die Bezirksbeauftragten für Menschen mit Handicap (NAK-Handicapped-NRW) im Kirchenbezirk Münster.
Steckbriefe:
Meike ten Bosch:
Gemeinde Steinfurt
Verheiratet
Zwei Kinder
Dipl. Sozialarbeiterin/Sozialmanagerin
Gaby Kramer:
Gemeinde Nordhorn
Alleinerziehend
Zwei Kinder
Groß- und Außenhandelskauffrau
Ihr habt eine sehr anspruchsvolle Aufgabe übernommen. Wie setzt sich der Personenkreis zusammen, für den Ihr zuständig seid?
Zu der Gruppe der NAK-Handicapped-NRW bzw. einfach "Die Handicapped NRW" gehören alle Gemeindemitglieder mit einem Handicap, ihre Angehörigen, Betreuer und Helfer. Aber auch Seelsorger, die diese begleiten.
Menschen, die zu dieser Gruppe gehören, haben ganz unterschiedliche Formen von Behinderungen. Jeder ist willkommen.
Mit dem neuen Namen „NAK-Handicapped-NRW“ und dem neuen Logo „Gemeinsam! Mit Handicap“ wird deutlich, dass alle Gemeindemitglieder mit Behinderung angesprochen sind. Und: Jeder gehört dazu und keiner steht am Rande!
Was sind genau Eure Aufgaben?
Als Bezirksbeauftragte unterstützen wir die Gemeindemitglieder mit Behinderung, deren Familien und insbesondere die Seelsorger in ihrer Aufgabe. Wir berichten bei Bedarf in den Gemeinden über die Aktivitäten und weisen im Rahmen von Ankündigungen und Plakaten auf Veranstaltungen der Gruppe hin.
Auch sind wir Ansprechpartner, wenn es um ganz praktische Fragen geht, zum Beispiel um die Barrierefreiheit in Kirchengebäuden.
2015 möchten wir in den einzelnen Gemeinden des Bezirkes unsere Arbeit und den neuen Namen vorstellen und alle Geschwister informieren und einladen, "Die Handicapped-NRW" kennen zu lernen.
Wieviel Zeit erfordert diese Beauftragung?
Die Zeit, die wir benötigen, lässt sich nicht in eine wöchentliche Arbeitszeit umrechnen. Das, was durchaus einiges an Zeit erfordert, sind die Vorbereitungen und Besuche der regionalen und überregionalen Veranstaltungen.
Was war die Motivation, diese Beauftragung zu übernehmen?
Meike ten Bosch: Da ich mit Menschen mit Behinderung seit vielen Jahren beruflich zu tun habe, fiel mir das „JA-Sagen“ zu dieser Beauftragung nicht schwer.
Gaby Kramer: Da ich durch ein nahes Familienmitglied selber Angehörige bin, war es mir wichtig, meine bisher gemachten und gesammelten Erfahrungen und Eindrücke weiter zu geben und bei dieser Arbeit mitzuhelfen.
Welche Qualifikationen, Begabungen oder sonstigen Voraussetzungen sind für diese Beauftragung hilfreich oder notwendig?
Man benötigt keine Qualifikation beruflicher Art. Gleichzeitig kann es aber vorteilhaft sein, wenn man auf entsprechende Erfahrungen zurückgreifen kann.
Zu den wichtigen Voraussetzungen gehören Empathie und Offenheit, frei von Berührungsängsten zu sein und und einen guten Kontakt zu den Betroffenen sowie zu den Seelsorgern zu haben.
Welche seelsorgerischen und sonstigen Aktivitäten sind geplant und werden angeboten?
Auf Bezirksebene ist für dieses Jahr die Vorstellung der NAK-Handicap-NRW in den Gemeinden geplant. Ebenso wollen wir versuchen, die Gesprächskreise in unserem Bezirk zu etablieren. Derzeit werden die Gesprächskreise noch mit anderen Bezirken zusammen organisiert; das bedeutet oft weite Wege und einen hohen Zeitbedarf.
Auf NRW-Ebene gibt es jedes Jahr einen besonderen Gottesdienst mit Bezirksapostel Stork oder dem zuständigen Apostel Wolfgang Schug, eine integrative Jugendfreizeit - die sehr viel Spaß macht - und ein Freizeittreffen in Dortmund-Scharnhorst.
Außerdem wird es in diesem Jahr in jedem Apostelbereich einen Gottesdienst in „Leichter Sprache“ geben, d.h. sprachlich verständlich und z.B. mit Bildern unterstützt. Am 29. März 2015 fand dieser Gottesdienst für Menschen mit kognitiven Behinderungen in Halle/Westfalen statt.
Zu Beginn des Jahres erhalten die Vorsteher die Terminübersicht und können diese über die Informationstafel in jeder Gemeinde bekannt geben. Darüber hinaus werden die betroffenen Geschwister per E-Mail informiert.
Bei Fragen dazu können sich alle Interessierten gerne an uns wenden.
Welche besonderen Erlebnisse oder Momente gab es im Rahmen der Beauftragung?
Meike ten Bosch: Die persönlichen Kontakte zu Menschen mit Behinderung sowohl in unserem Bezirk als auch bei überregionalen Treffen finde ich sehr bereichernd und schön. Besonders beeindruckend finde ich den Gottesdienst mit Bezirksapostel Stork. Erstmals war im Jahr 2014 „Faktor G“ dabei. Das ist ein integratives Musikensemble, vielen bekannt vom Kirchentag in München. Das war Gänsehautfeeling.
Gaby Kramer: Die Aufnahme der Handicap-Geschwister beim ersten Besuch in diesem Kreis war so offen und herzlich - jeder wird so auf- und angenommen wie er ist. Das war für mich sehr beeindruckend und wohltuend.
Wie würdet Ihr den idealen Umgang mit Gemeindemitgliedern mit Handicap beschreiben?
Wie den Umgang mit jedem anderen Gemeindemitglied auch - jeden so annehmen, wie er ist -, offen, warmherzig, ansprechen - so weit, wie es die Behinderung zulässt - und in das Gemeindeleben einbeziehen.
Was ist aus Eurer Sicht noch erwähnenswert?
Es wäre schön, wenn allen Gemeindemitgliedern und Seelsorgern klar wäre, dass es sich bei der Zielgruppe, die wir begleiten, nicht ausschließlich um „Kinder im Rollstuhl“ handelt, sondern um alle Menschen jeden Alters mit verschiedenen Formen von Beeinträchtigungen (Beispiel: Autismus, AD(H)S, Epilepsie etc.). Insbesondere sind auch die Menschen mit psychischen Problemen angesprochen.
Dabei können wir als Bezirksbauftragte weder therapeutische Hilfe noch die eigentliche Seelsorge leisten. Das sind die Aufgaben professioneller Stellen und der Seelsorger.
Uns ist wichtig, dass alle Betroffenen sich in unserer Gruppe wohlfühlen, sich in ihren Gemeinden dazugehörig fühlen und einen speziellen Ansprechpartner haben, wenn es doch einmal irgendwie hakt.
Zu erreichen sind wir entweder über die Vorsteher der einzelnen Gemeinden oder persönlich; die Kontaktdaten hängen in jeder Gemeinde aus.
© Bezirk Münster